Bodenkundliche Baubegleitung

Pressemitteilung Seminar 06/2016

Ein Tensiometer gibt den Takt vor

Badische Zeitung vom 20.09.2016

 

Fachleute aus Wissenschaft, Verwaltung und Bauwirtschaft haben sich auf dem Landesgartenschaugelände fortgebildet

 

Von Sebastian Köhli

LAHR. Ohne den Einsatz eines Messgeräts zur Bodenfeuchtigkeit hätten die hohen Tongehalte auf dem Seeparkgelände Probleme bereiten können. So war bei der Ausführung der Arbeiten letzten Endes unerheblich, dass die Baustelle sieben Monate stillstand. Wann gebaut werden durfte, hatten die Messdaten vorgegeben. Das Verfahren soll in Zukunft in einer Industrie-Norm festgehalten werden. Im Rahmen einer Weiterbildung waren jetzt 60 Geologen sowie Vertreter von Planungsbüros, Kommunen und Bodenschutzbehörden nach Lahr gekommen, um sich über die Erfahrungen auszutauschen.

 

 

 

Der Dirigent der Landesgartenschaubaustelle hat ein Herz aus Stahl und trägt den  Namen Tensiometer. Die Messstation mit Bodensonden steht am Grund des künftigen Sees und ist von Gittern umzäunt. Jeden Morgen entscheiden seine Daten, ob gearbeitet werden darf oder nicht. Der Tensiometer misst die Stabilität, die sogenannte Saugspannung, des Bodens. Sie bestimmt darüber, wann schwere Lkw fahren dürfen oder nicht. Ist der Boden zu nass, verformt das Gewicht der Transporter den Untergrund. Der Boden würde dann komprimiert und verformt. Bei einer späteren Bepflanzung kämen die Pflanzen dann nicht mehr ans Wasser.

Das Gelände auf dem Seeparkareal weist unnatürlich hohe Tongehalte auf. Ist der Ton feucht, wie im Winter, hält er den Rest des Erdreichs lange nass, bis in den Sommer. Dieses Jahr ging das Nachnässen bis Anfang August. Solange fuhr keine Raupe. Lahr ist für Bodenkundler deshalb ein interessanter Fall.

Der Schutz des Bodens als Kultur- und Naturarchiv ist im Bundesbodenschutzgesetz geregelt. Deshalb findet auf großen Baustellen in Abstimmung mit dem Landratsamt  eine umfassende bodenkundliche Baubegleitung statt. Sie hat die fachliche Regie über das Tensiometer. Ihr Ziel ist es, im Einvernehmen mit dem Bauherren den  wertvollen Oberboden zu schützen und ungewollte Überraschungen wie einsinkende Maschinen zu verhindern. Das Einvernehmen mit dem Bauherren ist in solchen ökologischen Fragen selten leicht.

Messdaten werden genormt

Dass es in Lahr beispielhaft gut lief, liegt auch am Tensiometer. Und da die Baubegleitung samt Messdaten im kommenden Jahr in der DIN-Norm 19639 gesetzlich festgezurrt werden soll, ist das Interesse daran derzeit hoch.

Rund 60 interessierte Geologen sowie Vertreter von Planungsbüros, Kommunen und Bodenschutzbehörden machten sich auf dem Gelände des zukünftigen Stegmattensees ein Bild zur aktuellen bodenkundlichen Baubegleitung und diskutierten über die Erfahrungen bei der Umsetzung des Großprojekts. Die  Teilnehmer erfuhren, welche Probleme und welche Lösungen man für Konflikte gefunden hatte. Die Diskussion um den Sinn und Unsinn von Messwerten war besonders interessant: Bauherren lieben Daten als klare rote Linie. Daten sind aber nicht so flexibel wie menschliche Einschätzungen.

„Inaugenscheinnahme“ ist wissenschaftlich anerkannt, taugt für eine DIN-Norm aber nicht. Deshalb wird es in Zukunft auch dabei bleiben, dass Bauvorhaben bei ungünstigem Boden ins Stocken geraten können. Um das von vorneherein ausschließen zu können, solle man früh einen bodenkundlichen Gutachter auf dem unberührten Baugrund zu Rate ziehen, der schon vor Baubeginn ungeliebte Überraschungen feststellen kann.

Fazit der Fortbildung: Geht es um einen Baustopp, braucht es exaktes Zahlenmaterial, das niemand wegdiskutieren kann. Bauherren folgen lieber Ziffern, als sich bloßen Einschätzungen zu beugen.

Artikel download  

 

 

 

 

Unsere Website verwendet Cookies, um Funktionen für ein besseres webbrowsing anbieten zu können und die Zugriffe auf unsere Website zu analysieren. Durch die weitere Nutzung der Website stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu.
Mehr Infos gibt es in unserer Datenschutzerklärung